Dass ihr Betriebssystem zumindest im Vergleich zu Microsofts Windows gut ist, ist kein Geheimnis. (Auch wenn Jacob Appelbaum das von Apple angebotene Dateiverschlüsselungsverfahren treffender Weise als »File F(v)ault« bezeichnet.)
Dass Apples Rechner gut sind, ist auch kein Geheimnis. – Auch nicht, dass sie überteuert sind.
Dass der iPod zum Mainstream-Chic gehört, ist auch kein Geheimnis.
Nun, und dann ist da noch der iTunes-Store. Großes Angebot, und herrausragend schlechte Klangqualität der zum Download angebotenen Dateien. Klar, auf dem iPod hört man die schlechte Qualität eh nicht, aber als ich heute morgen auf der Suche nach einer verloren gegangenen Mail in meinem Spamordner auf die »iTunes der Woche« gestoßen bin, dachte ich nur: Nee, oder. Das ist jetzt einfach nicht wahr …
Ich finde es ja schön, dass man die Berliner Philharmoniker mit Glanzlichtern versieht. Sieht zwar scheiße aus, aber interessiert eh niemanden. Hauptsache: »Check It Out …«
Nur frage ich mich, ob man die »Klangkultur, in der Perfektion und Virtuosität die Grundlage bilden« wirklich auf 128kbs kaputtkomprimiert bei iTunes kaufen will. – Das ist einfach nicht ernst gemeint. Bitte.
nachtrag (27.01.07)
Manchmal ist man mit seiner Kritik und dem Ärger ein paar Tage voraus. So einmal in diesem Fall, denn zu dieser Veräppelung in iTunes passt wohl auch der wunderbare Artikel von Christian Kortmann hervorragend. (Gefunden via netzpolitik.org.)
Gerade dieser Ausschnitt:
Der Markenfetischismus, der in den 1980er-Jahren in der Subkultur der Popper erblühte, ist heute ein Massenphänomen: Wir sind im Zeitalter des iKapitalismus angekommen.
Dieser ist eine gegenaufklärerische Bewegung, denn die Wahnvorstellung, Apple-Produkte seien etwas Besonderes, hat sich in den Köpfen fest gesetzt: Das haben die Marketingabteilungen und ihre journalistischen Helfer – hier passt der Schüttelreim – wirklich gefickt eingeschädelt.
bringt — wenn auch ohne großen »neuen« Erkenntnisgewinn — das Phänomen auf den Punkt. Im Fall des iPhones, um das sich Christian Kortmanns Artikel dreht, mag sein folgender Satz noch stimmen:
Es geht keinesfalls darum, Apple-Produkte abzuwerten, sondern um die Klarstellung, dass es nur Elektrogeräte sind – wie die aller anderen Hersteller.
Im Fall des iTunes-Stores ist es allerdings wirklich so, dass bei Musikdateien, die auf 128kbps komprimiert sind, nicht mehr von Qualität die Rede sein kann. Im Fall iTunes-Store ist es also nicht nur so, dass es sich um ein Produkt wie jedes andere auch handelt, sondern es handelt sich auch noch um ein schlechtes Produkt … — Wie auch immer, ich werde mir eine neue Redeweise angewöhnen: Und zwar die vom »Elektrogerätehersteller Apple«. Ich denke diese Profanisierung wird der Sache gerecht, ohne gleich in die Falle der maßlosen Ãœberspitzung zu fallen, wie Christian Kortmann:
Die Apple-Verklärung ist das schlagendste Beispiel für die Momente, in denen auch bei kritischen Zeitgenossen das Reflexionsvermögen aussetzt und sie blind den Wahrnehmungskanälen folgen, die das Marketing für sie bereit stellt.
Und für alle, die immer noch nicht genug haben, hier noch der Link zu dem im Artikel erwähnten Video – der iPod im Mixer.
Eine besondere Erwähnung ist aber noch der Anfang des Artikels wert. Der Feststellung, dass die Medien freiwillig Schleichwerbung für Apple machten, hat die aktuelle ZEIT mit ihrem Titel die Krone aufgesetzt, indem sie Hannah Arendt vor ein PowerBook oder auch MacBook Pro gesetzt haben. (In den nächsten Tagen will ich einen Scan des Titels nachliefern.)
2 Kommentare
09:41 Uhr
Das ist natürlich DIE Empfehlung! ;-) Und da den “Apple-Jüngern” ja auch meist die Kritik am eigenen Produkt fehlt & sie diesem Verein fast alles abnehmen, werden sie sich auch auf die Philharmoniker stürzen… Dass Microsoft auch nicht besser ist, stelle ich gar nicht infrage. Aber die Firmenpolitik von Mr.Jobs ist wirklich unter aller Sau. Ob die Apple-User schon was vom neuen “iUmweltverschmutzer” gehört haben? Oder gar vom “iSklaventreiber”? Schöne Grüße aus China!
10:35 Uhr
Was ich am Phänomen Apple so erstaunlich finde ist eigentlich die Entwicklung der Wahrnehmung der Marke Apple, wie auch die Entwicklung der Marke Apple selbst.
Irgendwann, zu Beginn der ’90er, habe ich zum ersten Mal mit einem Apple gearbeitet. Wie froh war ich damals, dass wir die Schülerzeitung auf diesen schier unverwüstlichen Arbeitspferden machen konnten und nicht auf Win3.1 und später Win95 angewiesen waren. – Und so weit ich mich auf die Erzähungen von Bekannten verlasse, scheinen die aktuellen Macs mit OSX.x immer noch diese Qualität zu haben. – Wahrscheinlich würde ich nach wie vor Menschen, die sich zum ersten Mal einen Computer kaufen eher OSX als Windows empfehlen. – Nicht wegen dem Design, nicht wegen des überhöten Preises, sondern einfach, weil man allem Anschein nach wirklich ein ausgereiftes Qualitätsprodukt für sein Geld bekommt. – Auch wenn ich bei der rasanten Entwicklung, die sich im Bereich der Linux-Distributionen abspielt immer mehr dazu tendiere bspw. Ubuntu auch Neueinsteigern zu empfehlen.
Doch das sind eben die Rechner. Ganz anders ist es dagegen mit den iPods: Diese Dinger mögen schön sein oder nicht, meinem Eindruck nach sind diese Dinger nicht nur überteuert, sondern auch noch von äußerst fragwürdiger Qualität. Noch extremer ist der iTunes-Store: Was dort angeboten wird … aber das habe ich ja eh im Artikel schon geschrieben.
So und nun das, was mich am meisten fasziniert und den Kopf schütteln lässt:
Die Apple-Produkte werden noch immer als irgendwie »indie« empfunden, wo sie doch schon längst zum Mainstream gehören, vielleicht sogar das Beispiel schlechthin sind, um zu erklären, was »Mainstream« ist.
Vielleicht liegt diese Wahrnehmung ja daran, dass auch der »Indie« zum Mainstream geworden ist, aber das wäre dann nochmals eine neue Geschichte …