Hinterwelt.net

29. September 2008
Angedacht

Es wird geprügelt, gestochen, gehauen. Niederlagen groß und klein geredet. Eigene Sympathien entstehen, vergehen. Aber immerhin: Es wird diskutiert. Codes werden bedient, Signalwörter gesendet. Bissig, scharf, eloquent. – Wissend, besorgt oder siegesbewusst. Nicht immer fair, aber immer im Rahmen, immer verbal. Abgesehen vom Kochschen Schuh und der hin und wieder aufs Podium klatschenden Hand, ja Faust vielleicht, bleibt dieser Streit körperlos. Die Haltung, der Eindruck, die Körpersprache sind von Bedeutung – aber auch da ist es die Sprache des Körpers und nicht sein Potential zur Gewalt. Diskussionskultur im Fernsehen.

Bis zum Übergriff, den es dann doch und meist unbemerkt gibt. Übergriff auf das Gegenüber, nur von Mann zu Mann gepflegt. Und immer sind es die Männer einer Partei, die übergriffig werden. Übergriffigkeit als Parteikultur? Ob Strauß, Stoiber, Söder oder gestern Abend Wilfried Scharnagl. Sie alle haben den Griff mit der breiten Hand auf den Unterarm des Anderen als Teil der eigenen Diskussionskultur: Markenzeichen der CSU? Was sagt diese Geste, die den Rahmen der Geste verlässt und den Anderen angreift? Nicht mehr verbal, sondern haarscharf an der Grenze zum nicht tolerierten physischen Übergriff. Ist es der Vater, der seinen Sohn angreift? Paternalismus als Geste zum Ausdruck gebracht? Ist das Angreifen des Anderen, das Eindringen in seinen Raum, ist das Grapschen geschult oder vorparteiliches Charaktermerkmal?

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