Jetzt scheint sie also wieder. Wintertag ohne Schnee mit Wind in der Straße und Sonne im Wohnzimmer, während ich meine Augen reibe, die Halswirbel strecke, eine Tasse Kaffee vor mir habe und gedanklich noch zwischen Traum und Tag Musik höre. Sonne. Ans Regal gelehnt steht das Rennrad, in der Sonne. Seine Geometrie drängt nach vorn; über den Lenker gebeugt sehe ich mich aus dem Sattel gehen, die letzten zwei Kehren des Anstiegs im Wiegetritt bezwingen. Oben dann, liegt vor mir das Tal des Hérault. Sonne des Südens im Gesicht; auf den Armen liegen dicke Adern. Der Puls beruhigt sich auf dem Weg hinunter ins Tal; der Fahrtwind trocknet den Schweiß auf der Haut: Auf der Abfahrt kommt der Körper zur Ruhe. Bergab konzentiert sich der Kopf, einziger Gedanke die Straße, ihr Verlauf, die nächste Bremsung. Das äußere Bein stemmt sich ins Pedal, die innere Hand belastet den Lenker, lässt die Bremse los. Das Rad legt sich in die Kurve und der Blick folgt dem Straßenverlauf, fällt auf die nächste Kehre, sieht unten im Tal die Brücke, den Fluss, seine Sandbank. Warme schwere Luft des Südens in Gedanken, während draußen Winter ist, ohne Schnee mit Wind in der Straße und der Sonne, die auf das Rennrad scheint. Es steht gelehnt am Bücherregal und wartet auf den nächsten Anstieg, die nächste Abfahrt, mit Sehnsucht aber auf die Sonne des Südens.