Hinterwelt.net

10. April 2008
Fiktion

Ein Gerät ist verschwunden, benutzt nicht mehr seine Steckdose sondern eine andere. Eine Steckdose, die fast fünf Jahre lang nicht benutzt wurde, gerätelos geblieben war. Sie lebt noch. Das beruhigt. Aber morgens, wenn die verschlafenen Augen die Uhrzeit suchen, ist das Gerät verschwunden. Das macht Unruhe. Nur kurz zwar, aber immerhin. Dann dreht sich der Schlafende, oder vielmehr: nicht mehr Schlafende auf die andere Seite, nicht um nochmal zu schlafen, einfach nur, um die Uhrzeit sehen zu können, die jetzt auf der anderen Seite des Betts steht. Weil es noch zu früh ist und es tatsächlich ein oder mehrere Vögel waren, die ihn geweckt haben, dreht er sich auf die andere Seite. Diesmal, um nochmal zu schlafen. Wenn dann der wieder Erwachende mit verschlafenen Augen die Uhrzeit sucht, ist sie verschwunden. Das macht Unruhe. Und, ja, auch diesmal nur kurz, aber immerhin schon zum zweiten Mal. Also dreht sich der nicht mehr Schlafende auf die andere Seite, weil er sich jetzt auch daran erinnert, dass die Uhrzeit auf der anderen Seite steht. Und während er sich auf die andere Seite dreht und sich überlegt, ob er nicht doch noch ein bisschen schlafen sollte oder auch nur könnte, da platzt ihm die Sonne samt Vogelgeplauder ins Gesicht. Und so bleibt er nach halber Drehung auf dem Rücken liegen, guckt in den Himmel und ist wach und bleibt das auch. Einfach so, ohne auf die Uhrzeit zu blicken.

Vier, fünf, vielleicht auch sechs Minuten später dreht er sich wieder auf die Seite, will dort nach der Uhrzeit sehen. Und lacht diesmal. Nicht laut. Aber ein Lachen ist es trotzdem. Und denkt: Alltag ändert sich, wenn er das im Kleinen tut.

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