Es ist natürlich schön zu sehen, wie man in Deutschland das Glück eines Aufschwungs zelebriert, der anscheinend nicht nur die Wirtschaft sondern auch die Gemüter betrifft. Aber der Blick nach draußen, in die Welt, zeichnet ein anderes Bild.
Dass es nicht mehr ausreichend ist, Außenpolitik nach einem schwankenden Gleichgewicht zweier um die Vorherrschaft buhlender Pole zu beurteilen, daran hat man sich über die Jahre gewöhnt. Man hat sich daran gewöhnt, dass seit dem Zusammenbruch des Ostblocks die Welt der Außenpolitik und zwischenstaatlichen Beziehungen komplizierter, weniger über- und durchschaubarer geworden ist.
Jemand, der noch ein Kind war, als der Ostblock zusammengebrochen ist, hat den Vorteil nichts anderes zu kennen, als dieses komplizierte Geflecht. Und doch frage ich mich dieser Tage, wie viele Krisen, Konflikte und Kriege das Gleichgewicht des gegenwärtigen Status Quo der internationalen Beziehungen eigentlich verkraftet, wenn ich den Blick über die Nachrichtenwelt wandern lasse:
Im Irak ist die Lage indes so hoffnungslos, dass sich die USA und der Iran inzwischen gezwungen sehen, miteinander zu sprechen. Ob dabei wirklich ein gemeinsames Irak-Protektorat entsteht, ist zwar nicht gewiss, aber alleine die Tatsache, dass es zu solchen Gesprächen kommt, wäre noch vor einem Jahr undenkbar gewesen. Ansich mag dieses Gespräch ja ein positives Zeichen sein, wenn aber gleichzeitig im Iran das Atomprogramm kontinuierlich Fortschritte macht und noch während über den Irak gesprochen werden soll gleichzeitig das Szenario eines Militärschlags im Raum steht, dann drängt sich der Verdacht auf, dass es sich bei der Gesprächsinitiative nur um den Mut der Verzweiflung handeln kann.
Von Frieden in Nahost spricht zur Zeit ohnehin keiner, wenn nicht nur noch Raketen auf Israel fliegen, sondern sich die Palästinenser in Gaza auch noch gegenseitig bekriegen und der Jordanische König Abdullah Olmert ermahnt.
Der Tornado-Einsatz der Bundeswehr und der Krieg im Süden Afghanistans sind zwar fast aus den Schlagzeilen verschwunden, aber eine Besserung der Lage ist auch dort nicht in Sicht.
In Pakistan gab es erst gestern wieder 24 Tote bei einem Selbstmordanschlag und auch die politische Stabilität scheint gefährdet.
Und auch im vergessenen Kontinent Afrika summieren sich die Konflikte nur weiter auf — ohne Lösung in Sicht. Im Kongo scheint der schlummernde Bürgerkrieg durch die Wahlen im vergangenen Jahren keineswegs beendet, von Darfur redet inzwischen wirklich niemand mehr und auch an der Elfenbeinküste hat sich nichts Wesentliches geändert.
Zu allem Ãœberfluss kriselt es auch noch zwischen der EU und den USA auf der einen und Russland auf der anderen Seite.
Wahrscheinlich ist Außenpolitik schon während der ganzen letzten Jahre ein Tanz auf einem Vulkan. Aber kann es sein, dass dieser Vulkan zur Zeit ganz schön heiß ist?